Sicher ohne Signallicht
Das Rotlicht an Windanlagen wird bald nur noch blinken, wenn sich ein Flugobjekt nähert. Ein wichtiger Schritt in Richtung Akzeptanz für Anrainer!
12.2022 - Zurück zur Übersicht
Wenn man sich bei einem Nachtflug einer Großstadt nähert, präsentiert sich die Stadt aus der Ferne als Erstes durch Licht. Nicht etwa durch Straßenbeleuchtung oder durch die zahllosen erhellten Fenster. Nein, zunächst sieht man die Signallichter, mit denen jene Hochhäuser und Türme versehen sind, die so weit in den Himmel ragen, dass sie ein Risiko für den Flugverkehr sein könnten. Manche Vielflieger können nur anhand dieser Lichtpanoramen Städte erkennen.
Diese roten Lichter haben im Fachjargon geradezu poetische Namen: „Hindernisfeuer“ oder – je nach Lage oder Ausdehnung der Gebäude – „Gefahrenfeuer“.
„Gefahrenfeuer“ müssen im Gegensatz zu „Hindernisfeuern“ blinken, und natürlich ist diese Warnbeleuchtung auch ein Thema für Windräder mit einer gewissen Höhe. Es gibt klare Richtlinien, welche Farbe und Leuchtkraft diese Lichter haben müssen, auch die Blinkfrequenz ist genau geregelt. Sie dienen in erster Linie als Warnsiganle für Sportflugzeuge oder Hubschrauber; große Verkehrsflugzeuge fliegen nicht in einer solch niedrigen Höhe. Da Windanlagen immer auf freiem Gelände, weit abseits von besiedeltem Terrain und daher nachts in völliger Dunkelheit stehen, ist ihr rotes Blinklicht besonders deutlich und weithin sichtbar. Wo an guten Standorten mehrere Windparks aneinandergrenzen, waren die Blinklichter anfangs noch nicht synchronisiert, was ein wildes, arrhythmisches Lichtkonzert zur Folge hatte. Anrainer fühlten sich gestört, darum war es ein wichtiger erster Schritt zur Vermeidung von Lichtbelästigung, als die Windparkbetreiber begannen, die Signale zu synchronisieren, das heißt, sie in der zeitlichen Blinkabfolge aufeinander abzustimmen.
Zurzeit wird eine zweite, noch viel weiter gehende Maßnahme gegen potenzielle Lichtbelästigung in Angriff genommen: die sogenannte „bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung“ (BNK) von Windanlagen. Das bedeutet nichts weniger, als dass ein Windrad nur dann Lichtsignale aussendet, wenn sich tatsächlich ein Flugobjekt nähert. Wie funktioniert das?
Es gibt bislang prinzipiell drei Möglichkeiten, eine Signalbeleuchtung an den Flugverkehr anzupassen:
- Ein Primär-Radarsystem: Dafür muss ein Betreiber ein eigenes Radargerät aufstellen, das die Umgebung „scannt“ und die Beleuchtung einschaltet, sobald sich ein Flugobjekt dem kritischen Bereich nähert.
- Ein Sekundär-Radarsystem: Hier werden die Radarwellen, die schon in der Luft sind, passiv genutzt, um den Luftraum rings um eine Anlage zu kontrollieren.
- Ein transponderbasiertes System: Jedes nachtflugtaugliche Luftfahrzeug muss mit einem sogenannten Transponder ausgestattet sein. Über diese Geräte kommunizieren Luftfahrzeuge untereinander. Die transponderbasierte BNK fungiert als Kommunikationsempfänger und erhält somit relevante Daten über Geschwindigkeit, Position und Flughöhe der in der Nähe befindlichen Luftfahrzeuge. Mit dieser Methode braucht eine Windanlage nur mit einem Empfänger für Transpondersignale ausgestattet zu werden, der die Beleuchtung aktiviert, sobald sich ein Objekt nähert.
In Deutschland wurde beim Thema BNK bereits Pionierarbeit geleistet, und die W.E.B war von Anfang an mit von der Partie. Drei Windparks in Weener, Wörbzig und Glaubitz mit insgesamt 19 Anlagen sind bereits mit dem neuen System ausgestattet. Bei den Branchentreffs war die W.E.B nach Evaluierungen stets unter den ersten 10 Prozent der Windkraftbetreiber, die sich mit der BNK befassten. So konnten wichtige Erfahrungen gesammelt und Kinderkrankheiten beseitigt werden. Wenn bis Ende 2023 die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung in Deutschland verpflichtend sein wird, ist die W.E.B dafür bestens aufgestellt. Das transponderbasierte System hat sich dabei als das praktikabelste erwiesen, aus dem einfachen Grund, weil sich die Transpondertechnologie seit Jahrzehnten in der Luftfahrt bewährt hat und ganz einfach um ein Vielfaches günstiger ist als teure Radargeräte.
Auch in Österreich ist die Reduzierung der Gefahrenbefeuerung von Windrädern natürlich ein Thema, aber hierzulande geht man einen anderen Weg. Informationen über den Luftraum wird man in Österreich weder über Radar noch über einen Empfänger von Transponderdaten erhalten. Vielmehr soll man sie künftig direkt von der Luftüberwachungsbehörde, der Austro Control, beziehen, die sich bei dem Thema äußerst kooperativ gezeigt hat. Und das Gute an dem österreichischen Weg ist: Er ist deutlich kostengünstiger als alle Radar- und transponderbasierten Systeme, denn man nutzt nur Daten, die ohnehin bei der Luftsicherungsbehörde vorhanden sind.
Derzeit ist man dabei, dafür eine Software-Schnittstelle zwischen der Austro Control und den Windanlagenbetreibern zu schaffen. Sobald die letzten rechtlichen und technischen Detailfragen zwischen dem Klimaministerium und der Austro Control geklärt sind, kann das System auf ganz Österreich ausgerollt werden. Die W.E.B ist auf diesem Feld höchst aktiv, sie befindet sich im regen Austausch mit dem Ministerium und der Austro Control, treibt das Thema mit gezielter Lobby-Arbeit voran und steht bereit, das gesammelte Know-how auf diesem Pioniergebiet in die Tat umzusetzen.
„Wir können dadurch mit ganz einfachen Mitteln die Lichtbelästigung vor allem für die Anwohner von Windrädern enorm verringern, und das mit einer einheitlichen Lösung für ganz Österreich“, meint Markus Pfeiffer, der in der Betriebsführung der W.E.B u.a. für Sicherheitsbelange zuständig ist. Immerhin können die Anlagen, die ihr Signallicht bislang die ganze Nacht aussenden müssen, künftig das Leuchtfeuer zu 95 bis 99 Prozent der Zeit ausgeschaltet lassen, weil schlicht und einfach keinerlei Gefahr gegeben ist. Auf diesem Weg können wir der Welt ein gutes Stück natürlicher Dunkelheit zurückgeben. Ein enormer Beitrag für die breite Akzeptanz der Windenergie!
„Die W.E.B steht in den Startlöchern“, gibt sich Markus Pfeiffer optimistisch. „Wir sind gewillt und motiviert, unsere Anlagen entsprechend umzurüsten. Sobald grünes Licht vom Bund kommt, können wir unser rotes Licht temporär ausschalten, ohne die Luftfahrtsicherheit auch nur im Geringsten zu beeinträchtigen.“